Vitez

Auf diesen Seiten präsentieren wir alle Neuigkeiten über die Partnerschaft der beiden Pfarreien St. Magdalena und St. Georg. Bisher berichten wir über den Besuch einer Plattlinger Delegation in der bosnischen Pfarrei St. Georg. Lesen Sie selbst:

Ein Paar sind sie zwar nicht, aber befreundete Partner auf jeden Fall.

Magdalena und Georg, genauer gesagt St. Magdalena und St. Georg, sind sich vergangene Woche ein großes Stück näher gekommen – es wurde der Grundstein für eine intensive und bewegte Partnerschaft der beiden Pfarreien gelegt. Eigentlich, so sagt man, besucht zum ersten Mal der Mann die Frau.
Magdalena und Georg haben dieses Sprichwort umgedreht: fünf Vertreter von St. Magdalena, Stadtpfarrer Johann Ochsenbauer, Pastoralreferent Slavko Radeljic-Jakic, Pfarrgemeinderatsvorsitzender Franz Geisberger, sein Stellvertreter Alexander Barth und Gerhard Apfelbeck machten sich auf den Weg in die bosnische Heimatpfarrei von Jakic, St. Georg in Vitez.
Radeljic-Jakic kommt aus dem Dorf Mali-Mošunj, nur wenige Kilometer von Vitez entfernt. Es liegt im zentralbosnischen Tal, nordwestlich von Sarajevo. Mit der Ankunft am Flughafen Sarajevo beginnt die eindrucksvolle Reise. Der Kaplan von St. Georg empfängt die Plattlinger Abordnung dort mit einem „Dobro došli!“ – „Herzlich Willkommen“ auf kroatisch. Fasziniert richten sich die Augen der fünf Plattlinger bei der Fahrt nach Vitez nach draußen. Schafherden, handgemachte Landwirtschaft, kleine Läden am Straßenrand – Idylle und Geborgenheit, so scheint es.

Es wird sehr schnell klar, dass es eine Welt ist, in der Spontaneität dominiert, in der sich die Leute – sofern sie gleicher Abstammung sind – einig sind. Es ist eine Welt, wo die Zeit keine große Rolle spielt, wo die Leute nicht gehetzt sind, wo man füreinander da ist. Eine eindrucksvolle Kulisse erwartet die Besucher aus Deutschland. Die Gegend scheint heimisch zu sein, denn landschaftlich gleicht das bergige Bosnien-Herzegowina fast dem bayerischen Wald – aber doch ist es rund 850 Kilometer weiter östlich. Auch wenn der Krieg, der seit rund acht Jahren vorbei ist, gewaltige Spuren hinterließ, geben die Leute dort nicht auf. Bosnien ist ein Land des Aufbaus, des wirtschaftlichen Aufschwungs.
Die Ziele sind zwar, wie die Leute berichten, sehr mühselig zu erreichen, aber es sind geduldige Leute, voller Hoffnung. Auf dem Weg nach Vitez liegt ein abgelegenes Dörfchen, Visoko. Es trägt den Spitznamen „klein Teheran“. Inmitten ist ein Franziskanerkloster mit Kirchenseminar. Grund genug für die Plattlinger, einen Abstecher zu machen. Nicolas Bosnijak, ein Frater, der in Frankfurt studierte und in Visoko den rund 60 Schülern Mathematik und Physik lehrt, empfängt die Gruppe stilgerecht: mit einem Sljvovica, einer bosnischen Spirituosen-Spezialität. Das gehört sich in Bosnien so, wie sich später noch herausstellt.
In Vitez erwartet die Gäste aus Deutschland zunächst einmal ein Kennenlern-Nachmittag. Dabei kristallisiert sich sehr schnell die Freundschaft beider Pfarreien heraus. Nach einem gemeinsamen Essen stellen Kaplan Dado und Priester Charly ihre Kirche vor. St. Georg sei mit seinen 13000 Angehörigen eine sehr große Pfarrei, so Charly. Man kennt dort weder Pfarrgemeinderäte, noch kirchliche Vereine. Dies rühre aus der Zeit des ehemaligen Jugoslawien, wo die „Religion in die Sakristei verbannt war“, so Radeljic-Jakic. Allerdings sei die katholische Kirche in einer Umbruchphase, kirchliche Gremien seien am Entstehen, fügt der Pastoralreferent hinzu. Sehr schnell fällt den Plattlingern eine größere, ausgebesserte Stelle am Dach der Georgskirche auf. „Dort hat eine Granate eingeschlagen“, erzählt Charly mit gebrochenem Deutsch. Solche Granateneinschläge, zerbombte Häuser und Mauern voller Einschusslöcher entdeckt die Gruppe leider noch sehr häufig.


Am späten Nachmittag steht ein Besuch bei den Eltern von Radeljic-Jakic, Kata und Anto, an. Sie leben noch im Geburtshaus von Slavko, in Mali-Mošunj, nahe dem Kalvarienberg. Zu diesem Berg führen alljährlich viele Wallfahrten. Unten steht die St. Antoniuskapelle, dann folgt ein Kreuzweg mit vierzehn Stationen bis zum Gipfel des Berges. Dort ist ein riesiges Kreuz angebracht, man sieht es schon von weitem. Dahinter steht eine kleine, bescheidene Kirche. Es ist die Kirche zu den „Sieben Schmerzen Gottes“. Einen hervorragenden Ausblick können die Plattlinger dort genießen: strahlender Sonnenschein, rund 28 Grad und eine eindrucksvolle Landschaft.
Später werden in Vitez Geschenke und landestypische Spezialitäten zwischen den Plattlingern und den Geistlichen der Georgskirche ausgetauscht. Vor allem Bücher über die Gegend und über die Kirchen wurden dabei ausgetauscht – aber auch ein Bärwurz gegen einen Sljivovica. Am Abend trifft sich die Gruppe mit Radeljic-Jakics Schwester Bernarda und ihrem Mann in der sehr belebten Innenstadt von Vitez. Bei einem gemeinsamen Bier tauscht man viele Gedanken aus.

Nach einem Frühstück in der Nachbarpfarrei, wo die Plattlinger auch übernachtet haben, geht es am Samstag auf Besichtigungstour zu Kultur- und Kunstschätzen der Franziskaner. Zuerst besucht die Gruppe das Kloster in Kraljeva Sutjeska. Neben der ältesten Orgel Bosniens hat dieses Kloster auch eine sehr wertvolle Bibliothek. Danach besichtigen die Plattlinger das Kloster in Fojnica. Es ist das einzige byzantinische Kloster der Katholiken Bosniens. Am Sonntag morgen besichtigen die Plattlinger eine Ausstellung der Nachbarpfarrei mit Fotos aus dem Krieg. Neben der enorm vielen positiven Eindrücke, die die Gruppe bei der Reise gewinnt, darf man die Probleme der Leute aus Bosnien keineswegs vergessen. Der Schmerz des Krieges sitzt bei vielen Menschen noch sehr tief, wie sich immer wieder zeigt. Viele haben enge Familienmitglieder verloren, andere ihr ganzes Hab und Gut. Die Ausstellung zeigt einige dieser entsetzlichen Situationen.

Der Sonntag ist für die Plattlinger besonders interessant, denn es ist zufällig Kommunion in Vitez. Über 200 Kinder empfangen die heilige Erstkommunion. Die Messfeier findet im Freien statt, da die Kirche deutlich zu klein ist. Neben den ansässigen Priestern ist auch Stadtpfarrer Johann Ochsenbauer Zelebrant des Gottesdienstes und überreicht einigen Kommunionkindern feierlich die heilige Erstkommunion. Am Ende des Gottesdienstes schenken die Plattlinger jedem Kommunionkind eine kleine Süßigkeit – sehr zum Wohlgefallen der tapferen Buben und Mädchen, die eine Stunde lang in der prallen Sonne ausharren mussten.
Nach dem Mittagessen in Vitez erwartet die Plattlinger prominenter Besuch vom Parlamentspräsidenten Pero Skopljak. Er ist bosnischer Kroate und gehört der Partei HDZ an. Den Plattlingern stelle er seine Ziele und Methoden vor: er wünscht sich, wie er sagt, einen demokratischen Staat mit Freiheit und Gleichheit. Und nun ist der Kennenlern-Besuch in Vitez auch schon wieder vorbei. Aber er hat viel gebracht, die Erwartungen übertroffen. Magdalena und Georg sind sehr gute Freunde geworden. Der Gegenbesuch ist schon im Gespräch.

Nach einem Abschiedsbesuch bei den Eltern von Radeljic-Jakic, der das sechste von neun Kindern ist, macht sich die Plattlinger Abordnung am Abend auf den Weg zurück nach Sarajevo. Kaplan Dado bringt sie dort in ein Franziskanerkloster, wo sie auch übernachten. Es ist zugleich die theologische Fakultät der bosnischen Franziskaner. Mehr als 100 junge Leute werden dort Franziskaner in Verbindung mit einem Theologiestudium. Am Abend bringt der Professor für Kirchenrecht die Gruppe aus Plattling in die Innenstadt von Sarajevo. Es hat eine sehr ungewöhnliche Form. Sarajevo ist sehr lang und schmal, liegt in einem Tal, umgeben von vier Bergen. Gerade deshalb war der Krieg dort besonders schlimm.
Nach einer Fahrt mit der Straßenbahn marschieren die Plattlinger durch die Fußgängerzone von Sarajevo, vorbei am Dom, entlang der Brücke, auf der 1914 der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand durch einen serbischen Studenten ermordet wurde und damit der Beginn des ersten Weltkrieges erfolgt war. Sarajevo ist eine sehr eigenartige Stadt, es treffen viele Kulturen aufeinander. Die Urheimat der Kroaten war schon in türkischem, serbischem und österreichischem Besitz. Gerade wegen dieser vieler Kulturen und Völker gab es in diesem Gebiet immer wieder Krieg, zuletzt eben in den achtziger Jahren.

Am Montagvormittag besichtigt die Plattlinger Gruppe noch einige Sehenswürdigkeiten, dann ist die Reise mit dem Abflug am Mittag endgültig vorbei. Es war, da sind sich alle Beteiligten einig, ein unvergessliches Erlebnis. Die Plattlinger hatten die Gelegenheit, in jeglicher Hinsicht in die fremde Kultur einzutauchen und sie zu leben. Es wurde eine Freundschaft mit der Pfarrgemeinde in Vitez aufgebaut, die richtungsweisend ist, die auf einer ganz familiären Ebene abläuft, die viele Bekanntschaften ermöglicht. Auch wenn man sich oft nur durch Zeichen und Gesten verständigen kann. Die unglaubliche Gastfreundlichkeit der „neuen“ Freunde aus Vitez ist gewiss auch eine Rückmeldung für die geglückte Partnerschaft.

Denn eines verbindet die Gäste aus Plattling mit den Freunden aus Vitez:
der Glaube an Jesus Christus.


Die Feier der heiligen Erstkommunion.
Am Mikrofon der dortige Pfarrer Charly.
Pfarrer Johann Ochsenbauer spendet die Erstkommunion in Bosnien.
Die Plattlinger Gruppe mit dem Professor für Kirchenrecht in einem Restaurant in Sarajevo. (v.l. Professor, Franz Geisberger,
Alexander Barth, Slavko Radeljic-Jakic, Johann Ochsenbauer)
Ein Foto des Friedens: ein bosnischer Polizist, ein seleganesicher UN-Beauftragter, Pfarrgemeinderatsvorsitzender Franz Geisberger
und ein Erstkommunionkind aus Vitez.
Die Gruppe bei dem Besuch einer Klosterbibliothek.
(v.l. Kaplan Dado, Frater Nicolas, Slavko Radeljic-Jakic, Pfarrer Johann Ochsenbauer, Franz Geisberger)